Durch die Untersuchung des Darmmikrobioms eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Identifizierung und Beschreibung verschiedener Krankheiten, insbesondere im Bereich der Diabetesforschung [...]
Wie unsere Blutgruppe die Darmflora beeinflusst
Blutgruppe und Darm-Mikrobiom, beides sind Faktoren des menschlichen Körpers, zwischen denen es keinen offensichtlichen Zusammenhang gibt. Umso überraschender sind die Erkenntnisse einer neuen Genomstudie. Diese legt nahe, dass bestimmte genetische Merkmale, die in Verbindung mit unserer Blutgruppe stehen, Einfluss auf die Zusammensetzung unserer Darmmikroben haben könnten. Das Ganze könnte sogar mit chronischen Krankheiten, wie entzündlichen Darmerkrankungen in Verbindung stehen.
Die Bedeutung der Blutgruppen
Aber jetzt nochmal von vorne: Wir alle kennen es aus dem Biologie Unterricht: Es gibt 4 Blutgruppen. Die Einteilung der Blutgruppen richtet sich nach den Teilchen, die die Oberfläche unserer roten Blutkörperchen benetzen. Diese Teilchen werden auch Oberflächenantigene genannt. Als Antigen bezeichnet man eine Substanz oder Struktur, die vom Immunsystem als „fremd“ erkannt wird und daraufhin meistens bekämpft wird.
Blutgruppe A besitzt dabei ein anderes Teilchen als Blutgruppe B, Blutgruppe AB besitzt beide und Blutgruppe 0 besitzt keins dieser Teilchen. So weit so gut. Wusstest du aber, dass diese Teilchen nicht nur auf unseren roten Blutkörperchen vorkommen? Bei etwa 80% der Bevölkerung werden diese Blutgruppen Antigene auch in die Körperflüssigkeiten wie Speichel, Schweiß oder Verdauungssäfte abgegeben. Menschen mit dieser Eigenschaft werden Sekretoren genannt und tragen ein bestimmtes Gen, welches Nicht-Sekretoren fehlt.
Dass diese Blutgruppeneigenschaften Einfluss auf unsere Darmflora haben können, fand ein Forscherteam der Christian-Albrechts-Universität Kiel heraus.1 In einer großen, deutschlandweiten Genomstudie konnte gezeigt werden, dass es einen starken Zusammenhang zwischen dem Gen, welches für die Sekretion der Blutgruppenantigene zuständig ist und der Darmmikrobiota gibt.
Futter für die Darmbakterien
Eine Erklärung für diesen überraschenden Zusammenhang ist, dass die Blutgruppenantigene, die aus Zuckerresten bestehen, von einigen unserer kleinen Helferlein im Darm gefressen werden. Insbesondere das nützliche Darmbakterium Faecalibacterium ssp. zeigt eine starke Verbindung zur Blutgruppe und dem Sekretionsgen. Auch einige Bacteroides weisen diesen Zusammenhang auf. Ein bestimmtes Mitglied dieser Gruppe wird zudem mit einer schützenden Wirkung gegen entzündliche Darmerkrankungen in Verbindung gebracht, was die Frage aufwirft, ob die Wechselwirkung zwischen Blutgruppenantigenen und dem Mikrobiom möglicherweise einen Einfluss auf die Entstehung und den Verlauf solcher Erkrankungen haben kann.
Diese Studie unterstreicht einmal mehr die faszinierende Komplexität, in der unser Körper mit unseren Darmbewohnern kommuniziert und zeigt welche Rolle dabei feststehende, genetische Merkmale wie die Blutgruppe spielen können.
- Quellen:
- 1 Rühlemann, M. C., Hermes, B. M., Bang, C., Doms, S., Moitinho-Silva, L., Thingholm, L. B., & Franke, A. (2021). Genome-wide association study in 8,956 German individuals identifies influence of ABO histo-blood groups on gut microbiome. Nature Genetics, 53(2), 147-155.