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Hilft eine Darmreinigung beim Gewichtsverlust?

Du achtest auf deine Ernährung, treibst Sport und nimmst trotzdem nicht ab? Das könnte mit deiner Darmflora zusammenhängen. Wie Darmbakterien das Gewicht beeinflussen, wird derzeit intensiv erforscht: Offenbar gibt es bestimmte Bakterien, die ein gesundes Gewicht begünstigen. Leider kursiert zu diesem Thema viel gefährliches Halbwissen. Zum Beispiel wird oft behauptet, man müsse den Darm reinigen, um sogenannten „Dickmacher-Bakterien“ den Garaus zu machen. Hier erfährst du, was die Forschung aktuell zum Thema Darmbakterien und Abnehmen weiß und ob Darmreinigungen wirklich beim Gewichtsverlust helfen

Kurz gefasst:

  • Die Wissenschaft vermutet, dass bestimmte Darmbakterien beim Abnehmen helfen könnten. Aktuell stehen vor allem die Bakterien Akkermansia, Methanobrevibacter und Christensenella im Fokus der Forschung.
  • In Internetforen und Lifestyle-Magazinen wird häufig behauptet, dass eine Darmreinigung beim Abnehmen helfe. Tatsächlich kann der Eingriff aber sogar schädlich sein. Setze stattdessen auf eine sanfte Darmsanierung mithilfe einer auf dich abgestimmten Ernährung
  • Wenn du wissen willst, welche Bakterien in deiner Darmflora vorhanden sind, kannst du einen Darmtest machen. Das ist auch sinnvoll, wenn du den Erfolg deiner Ernährungsumstellung kontrollieren willst.

Was hat die Darmflora eigentlich mit dem Abnehmen zu tun?

In deinem Darm leben unzählige Bakterien. Die Gesamtheit all dieser Mikroorganismen (sogenannte Mikrobiota) wird umgangssprachlich auch als Darmflora bezeichnet. Sie erfüllt eine zentrale Funktion bei der Verdauung: Darmbakterien zerlegen die Nahrung in einzelne Bestandteile. Dadurch können Nährstoffe, die nicht bereits im Dünndarm verarbeitet werden können, im Dickdarm vom Körper aufgenommen werden.

Jede Darmbakterienart erfüllt eine spezielle Funktion. So hat die Zusammensetzung der Darmflora Auswirkungen darauf, wie gut der Stoffwechsel insgesamt funktioniert. Die Vermutung, dass dies das Gewicht beeinflussen könnte, liegt nahe. Wie genau Mikrobiom und Körpergewicht zusammenhängen, ist aber noch nicht abschließend erforscht.

Definitionen rund ums Mikrobiom, was sind Mikroorganismen, was ist die Mikrobiota und das Mikrobiom
Übersicht: Definitionen von Mikroorganismen, Mikrobiom und Mikrobiota

Darmbakterien zum Abnehmen? Der aktuelle Stand der Forschung

Bis vor kurzem konzentrierte sich die Forschung zum Zusammenhang von Darmbakterien und Gewicht vor allem auf zwei Bakterienstämme: Firmicutes und Bacteroidetes. Diese Stämme dominieren das menschliche Darmmikrobiom. Da sie beide wichtige Aufgaben im Darm zu erledigen haben, brauchen wir für eine gesunde Darmflora sowohl Firmicutes als auch Bacteroidetes.

Allerdings gerieten Firmicutes vor einiger Zeit zu Unrecht in Verruf: In Tierstudien hatten Wissenschaftler*innen beobachtet, dass Mäuse mit einem höheren Anteil an Firmicutes-Bakterien in der Darmflora etwa 8 bis 10 % mehr Energie aufnahmen als Mäuse, bei denen der Bacteroidetes-Anteil höher lag. Man nahm an, dass dies auf den Menschen übertragbar sein könnte. So wurden Firmicutes in der Populärwissenschaft als „Dickmacher“, Bacteroidetes hingegen als „Schlankmacher“ oder „Bakterien zum Abnehmen“ bekannt.

Allerdings ist bisher nicht belegt, dass die Beobachtungen aus Mäusestudien auch für Menschen gelten. Der Zusammenhang zwischen der menschlichen Darmflora und dem Körpergewicht scheint weitaus komplexer zu sein.

Die Forschung konzentriert sich inzwischen weniger auf Bakterienstämme und mehr auf Bakteriengattungen und -arten. Denn Stämme sind in der Biologie nur eine sehr grobe Einordnung. Alle Firmicutes-Bakterien in einen Topf zu werfen, wäre, als würde man Menschen mit Fischen, Vögeln oder Reptilien vergleichen – auch sie gehören alle zum selben Stamm. Es ist sinnvoller, sich den Einfluss von Darmbakterien auf das Gewicht auf einer viel niedrigeren Ebene anzuschauen. Auch rücken zunehmend die von Bakterien erzeugten Stoffwechselprodukte in den Fokus der Wissenschaftler*innen: Was Bakterien im Darm tun, könnte entscheidender sein als ihr reines Vorhandensein.

Vor allem die Bakterien Akkermansia, Methanobrevibacter und Christensenella sind Gegenstand der aktuellen Forschung. Sie kommen häufig im Darm schlanker Personen vor und haben nützliche Funktionen zur Gewichtsregulierung. Akkermansia beispielsweise fördert den Gewichtsverlust durch die Optimierung des Stoffwechsels und die Reduzierung von Entzündungen. Fehlen die Bakterien, wird man zwar nicht zwangsläufig übergewichtig – doch kann es für übergewichtige Personen ohne diese „kleinen Helfer“ schwieriger sein, abzunehmen. Wer eine Gewichtsabnahme anstrebt, kann sie also evtl. begünstigen, indem er das Wachstum hilfreicher Bakterien durch eine geeignete Ernährung anregt. Mehr dazu erfährst du weiter unten im Text.

Ein sensibles Gleichgewicht im Darm

Die Zusammensetzung unserer Darmflora ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Allerdings bleibt ein Fingerabdruck ein Leben lang weitestgehend gleich – die Zusammensetzung deiner Darmflora verändert sich dagegen in gewissen Anteilen. Sie ist abhängig von deiner Ernährung, deiner Lebensweise und potenziell schädlichen Stoffen (etwa in Medikamenten), die du aufnimmst. Die Darmflora kann aus dem Gleichgewicht geraten. Dann dominieren bestimmte Bakterienstämme, während andere fehlen oder in zu geringem Maße vertreten sind. Eine einseitige Ernährung, die Einnahme von Antibiotika oder anhaltender Stress können dafür verantwortlich sein.

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In Lifestyle-Magazinen und Internetforen werden Darmreinigungen gerne als probates Mittel zur Gewichtsabnahme beworben – zum Beispiel im Rahmen sogenannter Detox-Diäten. Angeblich müssen Giftstoffe und Schlacken aus dem Körper ausgespült werden, die die Gewichtsabnahme behindern. Häufig wird auch noch der veraltete Forschungsstand verbreitet, dass ein höherer Anteil an Firmicutes für eine Gewichtszunahme verantwortlich sei und fälschlich geschlussfolgert, dass man die „Dickmacher-Bakterien“ aus dem Darm entfernen müsse. Anschließend soll – meist mit teuren Nahrungs­ergänzungs­mitteln – eine gesunde Darmflora aufgebaut werden, damit die Pfunde nur so purzeln. Doch so simpel ist es nicht. Wie du oben erfahren hast, haben auch Firmicutes-Bakterien ihre Daseinsberechtigung und es ist nicht erwiesen, dass sie Übergewicht bei Menschen begünstigen.

Tatsächlich kannst du deinem Darm mit einer Reinigung sogar schaden. Denn eine Darmreinigung istein ziemlich radikaler Eingriff in deinen Darm: Abführmittel können die Darmflora belasten und die Darmreinigung mit einem Einlauf kann bei unsachgemäßer Durchführung im schlimmsten Fall die Darmwand verletzen. Ohne medizinische Notwendigkeit ist eine Darmreinigung deshalb nicht zu empfehlen. Und notwendig ist so ein Eingriff selten. Denn ein gesunder Darm muss nicht gereinigt werden – das schafft er allein, wenn die Darmflora im Gleichgewicht ist.

Darüber hinaus ist nicht wissenschaftlich belegt, dass eine Darmreinigung beim Abnehmen hilft. Kommt es während einer dieser angeblichen „Darmkuren“ zu einem Gewichtsverlust, liegt das nicht an der vermeintlichen Entgiftung, sondern wahrscheinlich an einem Kaloriendefizit.

Was die angeblichen „Schlankmacherpillen“ angeht, die oft im Rahmen solcher Programme angeboten werden, solltest du ebenfalls misstrauisch sein. Je nachdem, was drinsteckt, können auch sie mehr Schaden anrichten als nutzen. Mindestens ist es schade um das Geld, wenn du mit Mitteln, die nicht auf deine Bedürfnisse abgestimmt sind, sozusagen „mit Kanonen auf Spatzen schießt“. In den meisten Fällen ist eine Darmreinigung also nicht der richtige Weg zum Gewichtsverlust. Am verlässlichsten erzielst du eine Abnahme, indem du den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung folgst: Sie rät zu einer Gewichtsabnahme über längere Zeit, die auf einer Ernährungsumstellung, Bewegung und der Aneignung neuer Verhaltensweisen basiert. Dennoch gibt es einen Weg, deine Darmbakterien beim Abnehmen zu Verbündeten zu machen

Mit einer Darmsanierung das Abnehmen unterstützen

Im Gegensatz zur Darmreinigung ist eine Darmsanierung dazu gedacht, mithilfe verschiedener Maßnahmen eine gesunde Darmflora aufzubauen. Im Zentrum steht eine auf deine Bedürfnisse abgestimmte bewusste Ernährung. Bei Bedarf kannst du Probiotika einnehmen, die gezielt die Schwachstellen deiner Darmflora ausgleichen. Dadurch profitierst du von positiven Effekten, die weit über eine mögliche Gewichtsabnahme hinausgehen: nämlich zum Beispiel eine bessere Verdauung, ein stärkeres Immunsystem, ein höheres Fitnesslevel, besserer Schlaf und insgesamt mehr Wohlbefinden.

Darmsanierung: Vorsicht vor unseriösen Anbietern

Wichtig: Auch unter den Anbietern von Darmsanierungen gibt es schwarze Schafe, die schädliche Maßnahmen propagieren. Davor solltest du dich in Acht nehmen. In unserem ausführlichen Ratgeber zur Darmsanierung erfährst du mehr.

An erster Stelle sollte immer eine Untersuchung deiner Darmflora stehen. So kannst du sicherstellen, dass du Lebensmittel und eventuell Nahrungs­ergänzungs­mittel genau passend zu deinen Bedürfnissen auswählst. Denn zum einen ist es wichtig zu wissen, was deine Darmbakterien brauchen, um dich optimal beim Abnehmen unterstützen zu können. Zum anderen gilt es, eventuelle Unverträglichkeiten zu berücksichtigen, die dein Wohlbefinden und deine Verdauung beeinträchtigen können. Lässt du zu Beginn der Darmsanierung deine Darmflora analysieren, hast zudem einen Vergleichswert, falls du später überprüfen möchtest, was sich durch die Ernährungsumstellung in deinem Darm getan hat.

Bedenke, dass die Ursachen für Übergewicht und Adipositas vielfältig sind. Für dein ideales Gewicht sind nicht nur die Darmflora, sondern auch weitere körperliche, seelische und soziale Faktoren interessant. Dennoch kann ein Stuhltest dir wichtige Informationen geben – und dank der nichtinvasiven Methode setzt du deinen Körper keinem Risiko aus.

Ein Speiseplan während der Darmsanierung ist also höchst individuell. Grundsätzlich kannst du dir aber merken, dass eine ballaststoffreiche Ernährung für die meisten Menschen sinnvoll ist. Sie könnte auch dabei helfen, gemeinsam mit deinen Darmbakterien gegen das Übergewicht zu kämpfen. Denn die Bakterien, die dir bei der Gewichtsregulierung helfen, vermehren sich, wenn du sie mit ballaststoffreichen Lebensmitteln fütterst.

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Fazit zum Abnehmen durch Darmbakterien

Es gibt eine Reihe an Darmbakterien, die eventuell beim Abnehmen helfen können. Das Verhältnis der beiden Stämme Bacteroidetes und Firmicutes als ausschlaggebend für das Gewicht zu betrachten, entspricht aber nicht dem aktuellen Stand der Forschung. Vielmehr sind es wohl bestimmte Bakteriengattungen und -arten bzw. deren Stoffwechselprodukte, die dabei helfen, das Körpergewicht zu regulieren.

Den angeblichen „Dickmacher-Bakterien“ in deinem Darm den Kampf anzusagen und zu versuchen, ihnen mit einer Darmreinigung zu Leibe zu rücken, ist für eine schonende und nachhaltige Gewichtsabnahme nicht der richtige Weg. Denn der aggressive Eingriff schadet der Darmflora meist eher, als dass er nützt. Setze darum lieber auf eine natürliche Darmsanierung, die auf einer gesunden, ballaststoffreichen Ernährung basiert.

Damit tust du deinem Darm auf jeden Fall etwas Gutes und förderst die Ansiedelung von Bakterien, die möglicherweise eine Gewichtsabnahme unterstützen können. Wenn du gezielt vorgehen möchtest, solltest du zunächst einen Test durchführen, um den aktuellen Zustand deiner Darmflora zu überprüfen. So erfährst du, was genau dein Darm braucht und kannst deine Ernährung sowie ggf. Nahrungs­ergänzungs­mittel exakt an deine Bedürfnisse anpassen.

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Plamena Dikarlo
Senior Scientist Research & Development
Plamena Dikarlo studierte zunächst Pharmazie an der Freien Universität Berlin und arbeitete viele Jahre als Apothekerin. Aus Interesse an der klinischen Forschung und Patienten-orientierten Lösungsansätzen, studierte sie zusätzlich Consumer Health Care am Universitätsklinikum Charité Berlin.
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